Zentralasien – So nah und doch so fern.
von Agnes Langer
Doch was genau wissen wir über Kasachstan? Anscheinend weniger als «nichts», stellte ich fest, als ich gefragt wurde, ob Kasachstan denn ein sicheres Reiseland sei.
Zentralasien ist gar nicht so weit von der Schweiz entfernt, und doch wissen wir viel zu wenig darüber. Das wollte ich ändern: Start in Astana, Kasachstan und Ende in Ashgabat, Turkmenistan.
Astana, die Hauptstadt (Kasachstan)
Astana zu sehen war die ursprüngliche Idee, die mich zu dieser Reise inspirierte. Nun bin ich hier angekommen. Das gibt es bei uns in Europa nicht: Eine supermoderne und futuristische Retortenstadt. Voller Vorfreude gehe ich den Nurzhol-Boulevard entlang. Überall gibt es öffentliches Wi-Fi. Ein Besuch im Khan-Shatyr-Einkaufszentrum mit dem künstlichen Strand darf auf keinen Fall fehlen.
Land und Leute
Einerseits leben in Kasachstan natürlich die Kasachen, die ein bisschen wie eine Mischung aus Chinesen, Mongolen und Türken aussehen. Daneben gibt es auch viele Minderheiten, die grösste davon bilden die Russen. Auch die Hauptlandessprache ist Russisch. Daneben ist Kasachisch sehr wichtig. Englisch wird ausserhalb der Hotels nicht gesprochen.
Astana bei Nacht
Tagsüber erkunde ich einerseits den modernen Teil Astanas, aber auch der ältere Teil der Stadt, der nördlich des Flusses liegt, ist sehenswert. Auch da werden die alten Gebäude immer mehr durch neue futuristische Paläste ersetzt.
Am Abend will ich den beleuchteten Nurzhol-Boulevard erleben. Toll – ich fühle mich wie auf einem anderen Planeten!Almaty
Almaty war früher die Hauptstadt Kasachstans, und ist es insgeheim eigentlich immer noch. Die Stadt ist schön gelegen – zur einen Seite befindet sich die Bergkulisse und zur anderen die Steppe. Hier ist es recht grün: Entlang vieler Strassen sind Bäume gepflanzt, die an heissen Sommertagen angenehmen Schatten spenden.
Altyn-Emel-Nationalpark
Heute Morgen werde ich von meinem Guide und Fahrer in Almaty abgeholt. Wir fahren in Richtung Norden zum Altyn-Emel-Nationalpark. Einen der ersten Stopps legen wir bei diesem riesigen Baum ein. Gleich drunter entspringt eine Quelle mit klarem, kühlen Wasser. Bei Temperaturen um 40 Grad eine sehr willkommene Erfrischung.
Aktau-Berge im Altyn Emel Nationalpark
Bei sengender Sonne brettern wir mit dem Minivan über die Schotterpiste zu den Aktau-Bergen. Wir kommen an einer Essenstelle vorbei, an der Dschingis Khan seine Armee verpflegte.
Heute haben wir die erste, zweite und dritte Reifenpanne dieser Reise. Und die Sonne brennt...Die singenden Dünen
Schweisstriefend und schnaubend wie ein Pferd stapfe ich bei 40 Grad die singenden Dünen rauf. Oben angekommen ist der Ausblick einfach der Hammer.
Karkara Valley (Kirgistan)
Auf der Fahrt vom Altyn-Emel-Nationalpark in Richtung Kirgistan müssen wir wieder eine längere Pause einlegen um unsere platten Pneus zu reparieren. Wir überqueren den saisonal geöffneten Grenzübergang nach Kirgistan und erreichen bald unser Zeltcamp im Karakara Valley. Was mir sofort ins Auge sticht ist der sowjetische Militärhubschrauber: Morgen werde ich damit abheben!
Mit dem Hubschraber über den Tien Shan
Es geht los! In dem grossen Hubschraber fliegen wir über die Gipfel des Tien-Shan-Gebirges und über den riesigen Inylchek-Gletscher.
Inylchek Base Camp
Beim Inylchek Base Camp auf 4000 m ü. M. sind die Temperaturen etwas kühler. Gestern schwitzte ich noch bei 40 Grad in der Wüste, und heute erlebe ich null Grad Celsius. In der Nacht sinken die Temperaturen hier auf minus 20 Grad. Temperaturschock hin oder her, das Bergpanorama mit dem Khan Tengri ist einfach unglaublich. Nur noch wenige Bergsteiger tummeln sich hier oben – die Saison wird in einer Woche zu Ende gehen.
Charyn Canyon (Kasachstan)
Schon im Vorfeld dieser Reise habe ich mir Bilder vom Charyn Canyon angeschaut und wollte ihn gerne besuchen. Nachdem ich jedoch im Tien-Shan-Gebirge schon das ultimative Highlight erlebt habe, ist der Charyn Canyon für mich leider nur noch ein «naja, ganz hübsch»-Erlebnis.
Aksu-Zhabagly-Naturreservat
Wieder in Almaty steige ich in den Nachtzug in Richtung Aksu-Zhabagly-Naturreservat. Bei meiner Ankunft am nächsten Morgen werde ich am Bahnhof abgeholt – bald schon sitze ich auf einem Pferd, und wir reiten in die Berge von Aksu Zhabagly.
Trekking hoch zu Pferd
Ich bin begeistert – auf dem Pferdetrekking erlebe ich zum ersten Mal im Leben einen Bären in freier Natur. Er befindet sich jedoch weit von uns entfernt, so benötigen wir Adleraugen und Fernglas um ihn zu erspähen.
Turkestan
Im Süden Kasachstans kommt in mir langsam das Seidenstrassen-Feeling auf. Hier wird kaum mehr Russisch gesprochen, sondern fast ausschliesslich Kasachisch.
Das Mausoleeum von Kohja Ahmed Yasawi in Turkestan ist eine richtige kasachischen Pilgerstätte. Zudem ist es für Paare aus der Umgebung ein beliebter Ort um zu heiraten.Sauran
Während des heutigen Ausflugs nach Sauran wird mir ein weiteres Mal bewusst, wie wenig die touristische Infrastruktur hier in Kasachstan entwickelt ist. Ich habe eine lokale Reiseleiterin für den Ausflug organisiert, aber ihr Englisch entspricht dem Level desjenigen einer Kindergärtnerin. Unter der brennenden Sonne bewegen wir uns durch die leider eher uninteressante archäologische Stätte von Sauran.
Tashkent (Usbekistan)
Ich überqueere den wuseligen Grenzübergang von Kasachstan nach Usbekistan und komme bald darauf in Tashkent an. Usbekistan ist ein muslimisches Land und doch ist hier der Gebetsruf des Muezzins anscheinend verboten. Ich entdecke viele Polizisten, die sicherstellen, dass man nichts Falsches fotografiert. Für mich ist das alles etwas gewöhnungsbedürftig.
Samarkand
Von Tashkent aus fahre ich per Zug nach Samarkand. Die Seidenstrasse führte hier durch und verhalf der Stadt zu ihrer Blüte.
Hier schaue ich mir nicht nur den bekannten Registanplatz, sondern unzählige weitere Medresen, Moscheen und Mausoleen an, bis sich an meinen Füssen Blasen bilden.Aussicht vom Minarett
Während der Besichtigung des Registanplatzes erfahre ich, dass ich gegen ein weiteres Entgelt die Aussicht über Samarkand von einem Minarett des Registanplatzes aus bewundern kann. Ich schaffe es gerade noch hoch für den Sonnenuntergang!
Lake Aydarkul
Vorbei an riesigen Baumwollfeldern und auf Holperpisten fahre ich zum See Aydarkul. Neben all der Kultur und Zivilisation Usbekistans möchte ich auch die Natur des Landes kennenlernen. In der Nähe des Sees übernachte ich in einer Jurte und unternehme ein Kameltrekking.
Buchara
Buchara gefällt mir von den drei kulturellen Hauptorten (Samarkand, Buchara und Khiva) am besten. Hier gibt es einige sehr schöne Medresen und ausserdem ein, zwei gute Restaurants. Eine Rarität für einen Vegetarier, der Zentralasien bereist. Da heisst es zuschlagen!
Festungen von Ayaz-Qala
Auf dem Weg von Buchara nach Khiva mache ich einen Abstecher zu ein paar alten Wüstenstädten. Von diesen ist vor allem Ayaz-Qala etwas grösser und für mich spannend. In der Nähe der unbewohnten Festungen kann in der Jurte übernachtet und ein Kameltrekking unternommen werden.
Usbekistans Melonenverkäuferinnen
Diese zwei Ladies sitzen am Rand der Strasse nach Khiva und verkaufen Melonen. Die riesigen süssen Früchte werden hier überall zu Spotpreisen verhöckert. Mein Fahrer hält an, wir degustieren, klopfen einige davon ab und schlussendlich kauft er zehn Stück. Die Familie wäre somit eingedeckt!
Khiva
Khiva ist wohl die usbekische Antwort auf unseren Ballenberg – ein riesiges Freilichtmuseeum. Während meines Aufenthalts wird gerade an verschiedenen Ecken ein Film gedreht und ich muss aufpassen, dass mich keiner der säbelwschwingenden Krieger bedroht.
Markt in Khiva
Das richtige Seidenstrassen-Feeling stellt sich bei mir hier nicht ein. Alles ist schön herausgeputzt und es gibt Hunderte von Souvenirläden, in denen überall die selben Produkte verkauft werden. Auf den Märkten hingegen ist noch ein Hauch Seidenstrasse zu erahnen.
Konye-Urgench (Turkmenistan)
Am Grenzübergang von Kasachstan nach Turkmenistan durchsuchen fünf Herren meinen Rucksack und fragen mich fünf Mal, ob ich Drogen oder Waffen bei mir habe.
In Konye-Urgench holt mich dann ein Fahrer ab und wir begeben uns zum archäologischen Teil Urgenchs. Sehr bizarr: Auf einer riesigen Fläche stehen Minarette, Mausoleen etc. Dazwischen erheben sich einige Gräber. Neben all den turkmenischen Pilgern bin ich die einzige Touristin.«Door to Hell»
Beim Gaskrater von Darvaza wird es wieder richtig spannend! Ein kurioses Überbleibsel aus der sowjetischen Zeit, als hier nach Öl gebohrt wurde.
Der Krater befindet sich mitten in der Wüste, und wir zelten in der Nähe. Morgens um drei Uhr stehe ich auf und gehe runter zum Krater: Ich stehe mitten in der Nacht in der Wüste vor einem brennenden Krater. Unglaublich!Ashgabat, die bizarre Hauptstadt Turkmenistans
Endstation Ashgabat. Nach nur wenigen Tagen in Turkmenistan kann ich bereits sagen, dass dieses Land eine ungewöhnliche Destination ist, vor allem seine Hauptstadt. Es wimmelt hier von blitzblanken Gebäuden und Strassen, Strassenlaternen und Sicherheitspolizisten. Fotografieret werden darf hier fast nichts – ich halte mich daran und reise von hier aus wieder zurück in die Schweiz.
Angaben Reisebericht
Tipps
Ein paar Russisch- kenntnisse sind von Vorteil.
Toilettenpapier gehört ins Reisegepäck.
Die Aussicht vom Minarett beim Registanplatz in Samarkand aus geniessen.
Die Übernachtung in einer Jurte lohnt sich!
Für Toughe: Zelten bei minus 20 Grad im Tien-Shan-Gebirge.
